Freitag, 17. Juli 2015

Hautnah dabei

(Dieser Text ist die ungekürzte Fassung für die Radioandacht "Himmel und Erde" am 17. Juli 2015 um 09.20h auf NDR 1, Radio Niedersachsen.)

So soll die Lüneburger Heide aussehen: Unter blauem Himmel eine lila blühende Landschaft. Ein paar Wacholder dazwischen. Birken rechts und links am Weg. Hin und wieder ein Findling. Und natürlich eine große Heidschnuckenherde mit Hütehunden und Schäfer oder Schäferin.

Dabei gibt es nur wenige wirklich große Heideflächen und noch weniger Heidschnucken-Herden. Finanziell lohnt sich der Aufwand kaum. Für die Landschaftspflege sind die Schnucken allerdings äußerst wichtig: Sie halten die Heide kurz und fressen junge Bäumchen. Außerdem zerreißen sie mit ihren Beinen die Spinnennetze im Heidekraut. So können die Bienen Nektar sammeln.

Mit etwas Glück trifft man auf eine solche Schnuckenherde. Am Wilseder Berg hatten wir mit einer Frauenpilgergruppe einmal ein ganz besonderes Erlebnis. Ein kleines schwarzes Lamm hatte sich verlaufen. Es lief durch die Heide und blökte jämmerlich nach seiner Mutter. Ein paar Einheimische versuchten es einzufangen. Aber sie hatten keine Chance. Das Lamm war einfach zu schnell. Immer weiter lief es in die Heide hinein. Um das Lamm nicht noch stärker zu verschrecken, sollte unsere Pilgergruppe stehen bleiben.

Der Schäfer war bereits informiert. Die Herde war allerdings noch weit entfernt. Wir mussten also warten. Irgendwann konnten wir die Herde hören. Erst leise, dann immer lauter. Plötzlich war das Lamm völlig verändert. Es blökte wie schon zuvor. Aber jetzt bekam es eine Antwort. Das Lamm wollte nur noch … zu seiner Schnuckenmutter. Bald schon lief es seiner Herde entgegen und verschwand mittendrin.

Durch dieses Erlebnis hatten wir mit unserer Pilgergruppe viel Zeit verloren. Aber das war es wert. Hautnah hatten wir ein Gleichnis Jesu … miterlebt. Ein Hirte war tatsächlich mit seiner ganzen Herde umgekehrt, um ein kleines, verlorenes Schaf wieder einzusammeln. Das war ein Gänsehautmoment. Auch ein Wort aus dem 23. Psalm war plötzlich ganz aktuell: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Wenn schon der Schäfer einer Schnuckenherde sich so gut um seine Tiere sorgt, um wie viel mehr dürfen wir dies Gott zutrauen!

Doch nicht nur Schäfer und Schäferinnen sind Hirten im Sinn der Bibel: Da sorgen sich Eltern um ihre Kinder. Lehrerinnen und Lehrer um ihre Klassen. Wie der gute Hirte kümmern sich Menschen umfänglich um jene, die ihnen anvertraut sind. Sie sind sogar bereit, hinterher zu laufen, wenn jemand einen falschen Weg eingeschlagen hat. Auch wenn das Zeit und Energie kostet. Aber nur so wird Leben möglich oder sogar gerettet.

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