Donnerstag, 25. April 2013

Gemeinde- und Jubiläumsfeiern als "geistlicher Prozess"?

Gemeindefeste werden im bevorstehenden Sommerhalbjahr an vielen Orten gefeiert, Jubiläen- und Kirchengeburtstage.

Über das im Bistum Hildesheim bevorstehende 1200-jährige Bistumsjubiläum im Jahr 2015 haben wir auf dem vergangenen Dies Communis im Dekanat Lüneburg gesprochen. Viele zentrale Feiern sind aus diesem Anlass geplant, dezentrale ausdrücklich gewollt. Die Feierlichkeiten sollten auch zu einem "geistlichen Prozess" werden, hieß es außerdem, zu gleichen Teilen mit Nachdruck wie mit angedeutetem Zweifel ob des hohen Anspruchs.

Was ist unter einem "geistlichen Prozess" - zumal auf Bistumsebene - zu verstehen? Wie stößt man so etwas an und begleitet es? Da ich mir darunter zunächst nur wenig vorstellen kann, würde ich eher zunächst einmal darauf setzen, die "geistliche Dimension" unseres Feierns zu entdecken und zwar auf allen Ebenen.

Bei festlichen Gottesdiensten, Wallfahrten oder Pilgerwegen scheint eine geistliche Dimension offensichtlich. Bei Konzerten ebenso, zumal wenn es dabei um geistliche Musik oder solche mit ansatzweisem religiösen Content geht. Aber bei Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen oder gar solchen Feiern mit Kinderschminken, Grillwürstchen, Bierwagen und Kuchenbüfett? Warum eigentlich nicht?! Ich versuche im Folgenden einmal zu diesen Tätigkeiten biblische Bezüge herzustellen und lade ein zur Diskussion.

Wie ist das denn mit denjenigen, die am Grill stehen und Gäste wie Mitwirkende mit Leckerem versorgen? Machen die, die da "nur" aufpassen, dass das Fleisch gut durch ist und nicht anbrennt, etwas Geistliches? Mich erinnert ihr Dienst vor allem an die vielen biblischen Geschichten, in denen vom hohen Wert der Gastfreundschaft und vom Feiern gesprochen wird. Abraham beispielsweise bekommt Besuch von drei Männern und bewirtet sie: Brot gibt es und ein frisch geschlachtetes Kalb, vielleicht u.a. auf einem grillähnlichen Feuer zubereitet! (Gen 18) Auch im Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15,11-32) wird nach der Heimkehr des jüngeren Sohnes ein großes Festmahl gefeiert, für das ein Kalb zubereitet ("gegrillt"?) wird. Besonderes, Nichtalltägliches gibt es dort zu essen, dem außergewöhnlichen Anlass entsprechend.

Die mögliche Erfahrung, die mit ausgeübter Gastfreundschaft mit allem Drum und Dran gemacht werden kann, wird in dem Brief an die Hebräer so umschrieben: "Vergeßt die Gastfreundschaft nicht; denn durch diese haben einige, ohne es zu wissen, Engel beherbergt." (Hebr 13,2) Stehen da möglicherweise Engel auf beiden Seiten des Grills?

Kuchen gibt es auch auf Jubiläumsfeiern, immer und bergeweise! Kein trockenes Brot, mit dem als Grundnahrungsmittel ein Überleben auch möglich wäre, sondern wiederum etwas Besonderes, liebevoll Vorbereitetes, sorgsam Verziertes und engagiert Verteiltes!

Angestoßen auf den besonderen Anlass wird in der Regel mit Sekt und/oder O-Saft, nicht mit dem überlebensnotwendigem Wasser (und wenn doch, dann in einem besonderen Glas). Wein und in dessen Folge auch der Sekt (und Saft), ebenso das Festmahl mit Torte, Salaten und Grillfleisch können für eine Fülle stehen, eine, die ganz besondere Fülle, in der wir mit dem Bild des Paradieses unseren Ursprung haben und die uns als himmlisches Festmahl verheißen ist.

Auch wenn sie es vermutlich (noch) nicht so sehen: die Männer und Frauen, Jugendlichen und Kinder an Grill, Büfett und Theke halten zusammen mit denjenigen, die die Tische und Bänke aufstellen etwas von dieser Verheißung auf das himmlische Festmahl wach. Sie schlüpfen dabei sogar ein wenig in die Rolle dessen, von dem Psalm 23 sagt: "Du bereitest vor mir einen Tisch ... und schenkst mir voll ein!" (Ps 23,5) Solche Dienste halte ich durchaus für ein Mitwirken am Reich Gottes, für geistliches Tun.

Das Kinderschminken oder mit Kids veranstaltete Spiele bei solchen Feiern sehe ich im Licht des "Lasst die Kinder zu mir kommen!" und "Was ihr einem von diesen Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan." Und von dem Gott, der sie in ihrem Sosein annimmt, und der Sehnsucht nach dem Reich Gottes ("Warum können wir nicht jeden Sonntag feiern?") erfahren sie gleich etwas nebenbei, ohne dass dies ausdrücklich in Worte gefasst würde.

Dann gibt es noch diejenigen, die sich um das Ambiente kümmern, die das kirchliche Grün pflegen, damit es schön aussieht bei einer Feier. Eine sehr wichtige Aufgabe! Nicht nur ein Job, sondern ganz konkretes Mitwirken an und Mitgestalten der Schöpfung!

Bleiben noch die Gäste, hoffentlich viele Gäste. Sicher gibt es etliche, die einfach nur konsumieren oder aus Pflichtgefühl da sind. Andere aber kommen aus Freude über das, was da gefeiert wird, vielleicht sogar aus Freude über den hinter allem Leben und Feiern. Ohne sie und ihn würden wir uns nur selber feiern, was nur halb so schön wäre. Wir laden ein und sind eingeladen, geben und nehmen, schenken und lassen uns beschenken.

Ich selbst empfinde es immer wieder als ein besonders berührendes Geschenk, wenn mich Kinderaugen anstrahlen, weil sie sich über etwas freuen, das ich ihnen als Gastgeberin geben durfte, oder wenn ich spüre, wie liebevoll andere etwas für mich als Gast vorbereitet haben. Aus der Art und Weise wie wir miteinander umgehen, einander tragen und ertragen, miteinander sprechen und aufeinander zu und miteinander gehen, kann etwas ausstrahlen von unserer inneren Einstellung, von dem "Geist" der uns bewegt und von dem wir uns bestenfalls bewegen lassen.

Ich meine: alles, was wir tun - und schiene es noch so unbedeutend -, ob im Alltag oder bei einem großen Fest, trägt das Potential in sich, auch als geistliches Tun verstanden werden zu können! Es kann so verstanden werden, muss es aber nicht, denn niemand soll darauf festgelegt und zu einer solchen Deutung vereinnahmt werden.

Wenn es uns gelänge, nicht nur im Jahr des Bistumsjubiläums sondern auch bei unseren sonstigen Gemeindefesten, Jubiläen und persönlichen Feiern einen schärferen Blick und ein tieferes Verständnis für die geistliche Dimension darin und dahinter zu entwickeln, dann könnte vielleicht tatsächlich so etwas wie ein nachhaltiger, geistlicher Prozess angestoßen werden.

1 Kommentar:

  1. Schöne Gedanken. Ich finde wichtig zu ergänzen, dass die gemeinsame Feier konstitutiv für den christlichen Glauben gewesen ist. Bei so einem Fest verschwimmen dann schnell auch die Grenzen, die der Alltag und "soziale" Hierarchien vielleicht noch mit sich bringen. Gemeinde feiert sich selbst als Gemeinschaft von Geschwistern. Gemeinsamkeit entsteht durch die Ausrichtung auf Christus. Mit Matthäus gesprochen: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter Ihnen." (Mt 18,20)

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